Lost Places

Sizilien konzentriert - Lost Places in Sizilien
Sizilien - Britta Bohn

Von Britta Bohn

Sizilien
Ein Lost Place Italiens?

Böse Zungen behaupten, in Italien gebe es einen großen Lost Place - nämlich Sizilien.

Provokationen dieser Art hört man vor allen Dingen im Norden Italiens, dem Kraftzentrum der italienischen Wirtschaft.

Man ist es dort Leid, das unterentwickelte Sizilien "mitzuschleppen" - und das seit über 150 Jahren.

Aber warum ist das so?

Ist vielleicht die Mafia an allem Schuld?

Und was hat das mit Lost Places zu tun?

Lost Places im Spiegel der Geschichte

Viele Lost Places (Wikipedia) auf der Welt sind vergessene Orte der modernen Zivilisation, wie z.B. Stollen, Fabriken und Bahn­höfe.

In Italien dagegen gibt es viele alte Lost Places. Kein Wunder, ist Italien doch das Land mit den meisten Welterbestätten der UNESCO.

Sizilien ist auch hier wieder speziell. Durch die antiken Griechen war es lange vor Italien "zivilisiert". Einige Lost Places sind daher besonders alt.

Andere wiederum sind verlassene Fabriken. So hatte nahezu jede sizilianische Stadt ihre eigene Nudelfabrik. Im Zeitalter der Glo­ba­lisie­rung stehen sie ungenutzt in der Landschaft.

Ist die Mafia Schuld?

Eine weitere sizilianische Besonderheit ist konfisziertes Mafia-Eigentum. Enteignungen sind sehr effektiv im Kampf gegen die Mafia. Aber was macht man mit konfiszierten Immobilien - insbesondere mit illegal gebauten Villen direkt am Meer?

Abreissen natürlich - jedenfalls wenn sie nicht mehr nutzbar sind! Das ist allerdings aufwändig und es gibt im Moment wichtigere Probleme zu lösen. Das Resultat sind wieder Lost Places.

Die sehr spezielle Geschichte Siziliens führt also tatsächlich zu ganz besonderen vergessenen Orten.

Vergessen? Glücklicherweise nicht ganz: Maria Carnevale ist eine unerschöpfliche Quelle für historische Informationen aus Sizilen. Ohne sie hätte diese Webseite nicht entstehen können.

Wichtiger Hinweis

Sizilien konzentriert gibt Ihnen auf dieser und weiteren Seiten Tipps zum Auffinden sog. "Lost Places". Sie befinden sich teilweise auf privaten Grundstücken.

Sie zu betreten ist also streng genommen Hausfriedensbruch. Beachten Sie bitte auch, dass es dort keinerlei Sicherheits­maßnahmen gibt.

Die Nutzung unserer Tipps geschieht auf Ihr eigenes Risiko.

Inhaltsverzeichnis

Mobilität:

Lost Places in der Altstadt von Bagheria:

Lost Places in der Aspra:

Lost Places in der Mongerbino:

Lost Places in der Monte Catalfano:

Lost Places in der Capo Zafferano:

Lost Places
Bagheria • Altstadt

Sizilien konzentriert - Lost Places • Intonaci Sicilcalce • Mörtelwerk

Intonaci Sicilcalce • Mörtelwerk

Schon seit der Antike gibt es Steinbrüche auf Sizilien. Welt­be­kannt sind die "Cave di Cusa". Hier wurden die Säulen für die berühmten Tempel im nahen Selinunte produziert. Solch eine kurze Lieferkette hat natürlich entscheidende Vorteile.

Das war auch die Idee der Baustoff-Fabrik "Mariano Notaro e figli" in Bagheria. Sie erhielt die Rohstoff u.a. aus dem nahen Steinbruch am Monte Catalfano und verarbeitete sie unter dem Namen "Sicilcalce" zu Ziegeln, Putz und anderen Produkten für den Hausbau.

In den 90er Jahren verschärften sich die Betriebsauflagen für Steinbrüche und derjenige am Monte Catalfano musste schliessen. Er wurde zu einem unserer beliebtesten Lost Places.

Für das Naturschutzgebiet Monte Catalfano war das eine gute Nachricht, für Sicilcalce dagegen ging der Vorteil kurzer Liefer­ketten verloren.

Eine immer weiter steigende Konzentration auf dem Baustoff-Markt und Krisen im Bauwesen kamen hinzu. Sicilcalce musste schliessen und ist heute ein in Bagheria unübersehbarer Lost Place.

Sizilien konzentriert - Lost Places • Mulino Cuffaro • Mühle + Pasta-Fabrik

Mulino Cuffaro • Mühle + Pasta-Fabrik

Sizilien war während der Antike die wichtigste Kornkammer des Römischen Reichs und ist bis heute bekannt für den hoch­quali­ta­ti­ven Hartweizen (Wikipedia). Kein Wunder - der Hartweizen liebt die Wärme und kommt mit wenig Niederschlag aus.

Hartweizen ist die Basis für Pasta und so wundert es auch nicht, dass Italien auch heute noch das wichtigste Anbauland Europas ist.

Früher hatte so gut wie jede sizilianische Stadt ihre eigene Mühle. Sie war häufig mit einer Pasta-Produktion verbunden. So wie in Bagheria. Hier produzierte die Mulino Cuffaro ab Anfang des 20. Jahrhunderts Mehl und Nudeln.

Nach dem 2. Weltkrieg nahm die Konzentration in der Agrar­in­dus­trie und im Lebensmittelhandel stetig zu. Lokale Anbieter können sich nur noch in Nischen halten.

Die Familie Cuffaro betreibt heute die kleine Mühle "Molino San Michele" in Altavilla Milicia. Sie verarbeiten ausschliesslich Ge­trei­de aus Sizilien und mahlen es schonend mit Natursteinen zu Vollkornmehl.

Mit solchen Spezialitäten lässt sich natürlich eine grosse Mühle, wie die in Bagheria nicht betreiben. Sie wurde in den 80er Jahren aufgegeben und ist seitdem ein Lost Place.

Sizilien konzentriert - Lost Places • Imprese Elettriche Rosolino Gagliardo • Kraftwerk

Imprese Elettriche • KohleKraftwerk

Rosolino Gagliardo war der Thomas Edison Siziliens. Er eröffnete 1912 in Bagheria das erste Kohlekraftwerk Siziliens.

Der Strom wurde anfangs "nur" genutzt, um die Petrolium-Laternen in den Strassen Bagherias durch elektrische Lampen zu ersetzen. Die allgemeine Elektrifizierung Siziliens war aber ab jetzt nicht mehr aufzuhalten.

1962 wurde die staatliche Elektrizitäts-Gesellschaft ENEL ge­grün­det, um viele kleine regionale Betriebe zusammen­zufassen und so die Ver­sor­gungs­sicher­heit zu erhöhen. 1963 übernahm sie auch die Firma von Rosolino Gagliardo.

Für die Stromversorgung Bagherias sorgt heute das Gaskraftwerk in Termini Imerese. Das alte Kraftwerk in Bagheria wurde zum Lost Place.

Lost Places
Bagheria • Aspra

Sizilien konzentriert - Lost Places • Olii Eros • Ölmühle

Olii Eros • Ölmühle

In der sizilianischen Küche ist Olivenöl des Typs "nativ" ein zentraler Punkt. Es darf nur mechanisch gewonnen werden.

Was dabei übrig bleibt, nennt sich "Trester". Es ist ein wertvoller Rohstoff, aus dem man von Ölen niedriger Qualität bis hin zu Grillkohle alles Mögliche gewinnen kann.

Genau das war die Spezialität der Firma mit dem viel­ver­sprech­enden Namen "Olii Eros". Die Einwohner Aspra fanden die Fabrik aber alles andere als erotisch. Die Bearbeitung des Tresters stank nämlich im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel.

Nicht zuletzt deswegen wurde die Fabrik in den 90er Jahren stillgelegt und ist seitdem einer der Lost Places von Aspra.

Sizilien konzentriert - Lost Places • Torre dell'Acqua • Wasserturm

Torre dell'Acqua • Wasserturm

Dieser Wasserturm ist verwirrend. Eigentlich sind Wassertürme oben ja breit - wie eine Badewanne auf Stelzen. Dieser verlassene Turm sieht aber eher wie ein Schornstein aus.

Ein Wasserbau-Ingenieur würde unseren Turm tatsächlich auch "Wasserschloss" nennen. Aber auch das ist verwirrend, denn offensichtlich ist dieser Lost Place von Gärten umgeben und nicht von Wasser.

Und genau da liegt des Rätsels Lösung. Diese Gärten sind u.a. deswegen so fruchtbar, weil sie mit Wasser aus den umliegenden Bergen versorgt werden. Davon gibt es glücklicherweise meistens mehr als genug.

Man muss also den Zufluss immer wieder sperren und freigeben. Damit dieses nicht schlagartig geschieht, nutzt man ein senk­rechtes Rohr als "Stoßdämpfer" - das Wasserschloss (Wikipedia).

Mittlerweile gibt es modernere Methoden der Wasser­regulie­rung. Unser schöner Turm taugt also nur noch als Motiv für Lost Place Fotografen.

Lost Places
Bagheria • Mongerbino

Sizilien konzentriert - Lost Places • Restaurant am Meer

New Orleans • Restaurant am Meer

Das "New Orleans" war einmal eines der angesagtesten Restau­rants der Gegend. Kein Wunder, wenn man eine kleine Bade­bucht (Spiaggia del Sarello) direkt vor der Haustür hat.

Die 30 m bis zum Strand lagen lange Zeit "ungenutzt" herum. Und so kam der damalige Eigentümer auf die Idee, sein Restaurant dorthin zu erweitern.

Allerdings gab es mittlerweile ein Gesetz, dass eine Bebauung so dicht am Meer untersagte. Der Bau wurde also gestoppt und steht bis heute als Lost Place am Strand. Dieser machte das Restaurant natürlich nicht gerade attraktiver. Daher ist auch dieses heute ein (nicht sichtbarer) Lost Place.

Mittlerweile hat sich eine Gruppe von Investoren der beiden Gebäude angenommen. Sie wollen (und sollen natürlich) den illegalen Teil abreissen und den legalen in ein Luxushotel wandeln.

Lost Places
Bagheria • Monte Catalfano

Sizilien konzentriert - Lost Places • Cava • Steinbruch

Cava • Steinbruch

"Auf Sizilien ist Marmor billiger als Holz" ist ein typischer Spruch von Handwerkern auf Sizilien. Und tatsächlich ist Sizilien Italiens Region mit der geringsten Dichte an Wäldern und dem höchsten wirtschaftlichen Anteil an Steinbrüchen.

Der Steinbruch am Monte Catalfano zählt aber lange schon nicht mehr dazu. Er musste in den 90er Jahren wegen verschärfter Auflagen schliessen. Mittlerweile ist der Steinbruch ein Lost Place, wie er im Buche steht. Ein Paradies für Fotografen.

Besonders schön zu sehen ist, wie sich die Natur den Steinbruch zurückholt.

Sizilien konzentriert - Lost Places • Baglio Parisi • Gutshof

Baglio Parisi • Gutshof

Das heutige italienische Wort Baglio (Wikipedia, italienisch) hat einen sizilianischen Ursprung ("bagghiu") und das wiederum geht auf den lateinischen Begriff "ballium" zurück. Es beschreibt einen Hof, der von hohen Gebäuden oder Mauern umgeben ist.

Auf Sizilien sind diese Höfe eng mit der Besetzung durch die Spanier verbunden (ca. 1300 bis 1860). Sie machten Sizilien zu ihrer Kornkammer, indem sie lokale Aristokraten ermutigten, das "wilde" Landesinnere zu kultivieren.

Und genau dazu baute man diese Mischung aus Gutshof und Fort. Teilweise werden sie heute noch genutzt - insbesondere als Ställe oder Lagerräume - teilweise sind es Lost Places. So wie unser "Baglio Parisi".

Man kommt also nicht hinein aber kann auch aussen schöne Fotos Lost Place Fotos schiessen. Die Begrünung und der gestreifte Wehrturm stehen hierfür Modell.

Lost Places
Santa Flavia • Capo Zafferano

Sizilien konzentriert - Lost Places • Faro Capo Zafferano • Leuchtturm

Faro Capo Zafferano • Leuchtturm

Der Leuchtturm des Capo Zafferano zählt eigentlich nur halb zu den Lost Places auf Sizilien. Er ist nämlich noch in Betrieb. Heut­zu­tage geht die Kontrolle aber natürlich per Fernsteuerung.

Die Betriebsgebäude werden daher schon lange nicht mehr genutzt - und sind jetzt ein beliebtes Ziel für Lost Place Foto­grafen.

Der Leuchtturm ist aber auch aus einem zweiten Grund nur noch "halb verloren": Der Weg dorthin bietet ein wunderbares Natur­erlebnis und wird daher immer bekannter. Wer also ungestört fotografieren möchte, sollte im Winter kommen.

Übersichtskarte auf Google Maps

Hier geht's lang

Bagheria und Santa Flavia sind Sizilien konzentriert. Hier finden Sie fast alles, was Sizilien ausmacht. Man muss nur wissen, wo. Und genau dabei hilft Ihnen unsere Übersichtskarte auf Google Maps. Weitere Informationen (wie z.B. Fotospots) finden Sie auf den Karten der einzelnen Ortsteile:

Bagheria:

Santa Flavia:

Mehr:

Mobilität:

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Sizilien konzentriert

Sizilien konzentriert

Wo liegt der Fotospot?

Dieses Foto zeigt den verlassenen Gutshof "Baglio Parisi" in Bagheria.